Donnerstag, 8. Mai 2008

Wir gehen nicht nur zum Lachen in den Keller ...

Wenn wir im Fall Amstetten über das Strafausmaß reden, müssen wir - wie gestern richtig im Club2 angemerkt wurde - einmal die richtige Sprache finden, für das, was dort geschah. Und dort gab es viel mehr als Inzest, dort gab es Mißhandlungen und Folter, ja: Folter!!! im großen Stil und über mehr als 20 Jahre. Und dieser Herr F. oder K. oder wie immer seine Initialen sind, ist ein Monster, ja: Monster!!! und kein irgendwie netter Herr von nebenan, der sich ab und zu in Thailand kleine Mädchen schnappt. Ob es nun bezüglich des im Ofen entsorgten Babies zu einer Mordanklage wegen "unterlassener Hilfeleistung" kommt - ist in diesem Zusammenhang eine spitzfindige als juridisches Argument getarnte Entgleisung.

Die mehr als schrullige Elfried Jelinek meldet sich dazu auch zu Wort - im Internet - und will wie schon einmal von mir negiert - wieder nicht zitiert werden. Was soll denn das? Ich ver-öffentliche etwas und verbiete, dass man mich zitiert. Kann mir, dem Dinosaurier in Sachen Denken, das jemand erklären? Lesen Sie hier, was Jelinek auf www.elfriedejelinek.com unter Aktuelles "Im Verlassenen" schreibt. Lesen Sie es auch hier. Es ist zu wichtig, als dass es nur auf einer Seite stehen kann:

Die Politiker fürchten jetzt, da alle gerettet sind, die sich noch retten ließen, Rufschädigung für Österreich, das wäre furchtbar. Schon hört man die Rufe nicht mehr, die aus dem Keller hallten, weil man sie selbstverständlich gar nicht hören konnte, es gab keine Ritzen oder Spalten, die groß genug für Schreie gewesen wären, wenn sie versucht hätten sich hinauszudrängen. Es gab nur kleine Lüftungsschlitze. Mit Schlitzen, auch in menschlichen Körpern, vor allem weiblichen, kennt der Vater sich aus, er hat sie ja gemacht. Er hat ja alles gemacht, weil er alles machen konnte. Gott sei Dank. Nur nicht schreien! Kein Schrei drängt sich hier vor, auch kein Geburtsschrei einer Gebärenden. Nach so vielen Kindern ist man das Gebären vielleicht schon ein wenig gewöhnt. Nur eins ist kaputtgegangen und eben: entsorgt worden im Heizofen. Wir dürfen keinesfalls unseren Ruf schädigen, und, ist der Schaden einmal angerichtet, darf dieses Gericht nicht gegessen werden. Österreich ist für so vieles berühmt, bedeutend, beliebt, meinetwegen auch: begehrt. Das Sprechen von munteren, gescheiten Frauen zählt auch dazu, obwohl wir es nicht hören können, aber das nehmen wir halt auch noch mit, neben dem, was der Herr sagt und was wichtig ist, was die Herren sagen, am Telefon, zum Escortservicebetreiber, was sie zum Luxus-Callgirl sagen, dessen Memoiren einmal kurz in einer Illustrierten aufgetaucht und dann wieder verschwunden sind. Wahrscheinlich wurde gut dafür bezahlt, daß diese Erinnerungen einer Luxusprostituierten nicht erschienen sind. Wir brauchen keine Erscheinung, wir haben eine Wirklichkeit, die derzeit gerettet werden muß, weil sie in letzter Zeit so unwirklich wirkt, aber Hauptsache, sie wirkt. Wir wollen aber auch wissen, was der Herr Primar, der Herr Richter, und dieser Herr dort und dieser andre dort drüben, wir wollen auch wissen, was die sagen, wenn ihr Ruf einmal nicht in die Öffentlichkeit hineinschallt, sondern privat ganz bei sich ist und bei einer willigen, nicht billigen Frau. Wenn wir schon nicht hören können, was der Vater zum Sohne sagt, der Vater mit dem Sohne macht, ich meine, der Vater zur Tochter spricht (obwohl: Der Macht ist Sprechen nicht nötig, nicht einmal Zeichen, es genügt, wenn ihr ein kleiner Raum bereitgestellt wird, schon herrscht sie über alles, was da ist), die seine Frau ist, weil sie eine Frau ist, naja, er kann auch was zum Sohn sagen, der unten im Keller lebt, jawohl, der andre auch (aber der ist erst fünf und freut sich noch übers Autofahren), wenn wir also nicht hören können, was der Vater zu seinen Leibeigenen sagt, dann müssen wir die Worte des Vaters, und nur die gelten hier, eben überall hören, aus den Worten des Vaters besteht die Öffentlichkeit hier. Wir müssen nicht zum Lachen in den Keller gehen, wir müssen überhaupt nicht in den Keller gehen, außer wir holen die Skier heraus oder die Fahrräder, je nach Jahreszeit, wir müssen nicht in den Keller gehen, wir hören den Vater auch überirdisch, wir hören ihn überall, es sind ihm keinerlei Beschränkungen auferlegt. Wir werden mit dem Wort des Vaters beschallt, wenn der Heilige Vater einmal kommt, dann mit seinen heiligen Worten, womöglich rund um die Uhr, und dann mit dem Wort zum Sonntag und mit anderen Worten für andre Tage. Und dann sind der Worte auch wieder genug gewechselt, nein, ausgegeben worden, mehr Worte oder Laute können nicht mehr durchgelassen werden, wir sind in diesem Verlies schon voll, was glauben Sie, wieviele Personen da noch reingehen?, da müssen wir ja direkt anbauen, was im Keller mühsam ist; aber wenigstens waren sie nicht sehr hoch, die Räume, das wäre nämlich nicht gegangen, das geht nicht, daß hier jemand weggeht, nicht sehr hoch diese Räume, höchstens 1 m 70, das geht, da geht keiner weg, und die Menschen sind ja meist nicht so groß, und mit weniger Luft und Licht wachsen sie wahrscheinlich noch weniger. Ein erwünschter Effekt. Es soll keiner über sich hinauswachsen, es soll alles unter uns bleiben, wir wollen nichts rauslassen, damit man nicht im Ausland über uns redet. Wir verbreiten des Wort des Vaters gern in den Kanälen des Vaterlands, und wir leiten es auch wieder dorthin zurück, wenn wir es genügend genossen haben. Im Ausland bitte auf unser Wort hören, auf den Opernball und aufs Neujahrskonzert hören, alles hören!, aber nicht auf unser Schreien! Das beachten Sie bitte gar nicht, wir beachten es ja schließlich auch nicht, und wir müssen es ja wissen. Aber das Schreien dringt ja nicht einmal bis zum Nachbarn durch oder vom Keller ins eigene Haus hinauf.


Ich habe zitiert (zum wiederholten Male) und warte (noch immer) auf die Strafe. Wird sie kommen? Wird sie gerecht sein? Wir werden sehen ...

Siniweler - Ohne Tal

Kein Ort zum Verweilen, nirgends. Wohin uns die Reise führt? Geradewegs lotrecht zu allem, was das Herz schneller schlagen lässt.

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