Integration durch Gewalt?
André Glucksmann, der französische Philosoph, vertritt diese These in einem aktuellen Interview in der Frankfurter Rundschau:. Interessant an diesem Zugang, dass damit die Gewalt - die bislang immer woanders war - nicht nur punktuell über terroristische Anschläge, sondern mit diesen Krawallen nun auch der Ausnahmezustand - wie er in Städten wie Bagdad seit Jahren gilt - als Alltagsphänomen in unsere Städte dringt. Globalisierungseffekte?

Frage: Bedeutet das ein Ende der Integrationspolitik, ein Ende der laizistischen Moral, ein Ende des Prinzips der Gleichheit in der Schule und durch die Schule, nach dem Modell von Jules Ferry?
Ich glaube nicht, dass das das Ende der Integration ist. Im Gegenteil. Das sind jugendliche Franzosen. Gut, sie haben Eltern, die aus Schwarz- oder Nordafrika kommen, aber es sind junge Franzosen. Sie integrieren sich gerade dadurch, dass sie Autos anzünden, sogar dadurch, dass sie Menschen anzünden. Sie integrieren sich durch den Protest. Das ist ganz aktuell in Frankreich. Haben Sie gesehen, wie die korsische Fähre geentert wurde? Die Korsen führen Attentate durch, manchmal sind es die Bretonen oder die Basken. Es gibt eine typisch französische Integration durch die Negation. Alle, alle Parteien in Frankreich, die Unternehmer, die Arbeiter denken, dass man durch Gewalt etwas erreicht. Es gab Streiks, z.B. bei Moulinex, bei denen die Arbeiter damit drohten, die Fabrik in die Luft zu sprengen. Es gab Streiks in Chemiefabriken, bei denen damit gedroht wurde, Säure in die Flüsse der Region zu kippen. In Frankreich glauben viele, dass man Stärke beweist durch die Fähigkeit, einem andern Schaden zuzufügen. Ich glaube also ganz im Gegenteil, dass sich die Jugendlichen maghrebinischer Herkunft durch diese Art integrieren.
Frage: Das ist doch alles andere als Integration. Die Krawalle finden in sozialen Elendsvierteln statt, in denen 30 bis 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit herrschen. Die Schulen sind kaputt. Die Jugendlichen leben in Wohnghettos. Das sind Ghettos, die in den 60er 70er Jahren für die Rückkehrer aus den ehemaligen Kolonien eingerichtet worden sind, die für die Siedler und die Immigranten gebaut wurden. Die Explosion der Gewalt ist doch allemal sozial motiviert?
Nein. Das sind günstige Umstände, aber durch sie erklärt man nichts. Vor allem neigt man dazu, dadurch alles zu entschuldigen. Warum? Weil es Menschen gibt, die unter diesen ungünstigen Umständen leben, die nicht die Autos anzünden, die nicht die Menschen anzünden. Entweder erklärt man, dass die Mehrheit Unrecht hat. Oder man sagt: Die Mehrheit hat Recht, weil sie keine Autos anzündet. Aber man muss dann auch noch hinzufügen, dass die Mehrheit der Jugendlichen feige ist, wenn sie keine Autos anzünden. Das sagen zumindest diejenigen, die die Autos anzünden. Aber wenn das ein Soziologe sagt, scheint mir das zweifelhaft zu sein. Es ist etwas Besonderes an den Leuten, die Autos abfackeln und am Ende sogar Menschen zu töten bereit sind. Man muss das Besondere an ihnen analysieren - das Spezifische ist der Hass. Man muss die Besonderheit des Hasses erkennen und ihm seinen besonderen negativen Ruhm zuerkennen.

Frage: Bedeutet das ein Ende der Integrationspolitik, ein Ende der laizistischen Moral, ein Ende des Prinzips der Gleichheit in der Schule und durch die Schule, nach dem Modell von Jules Ferry?
Ich glaube nicht, dass das das Ende der Integration ist. Im Gegenteil. Das sind jugendliche Franzosen. Gut, sie haben Eltern, die aus Schwarz- oder Nordafrika kommen, aber es sind junge Franzosen. Sie integrieren sich gerade dadurch, dass sie Autos anzünden, sogar dadurch, dass sie Menschen anzünden. Sie integrieren sich durch den Protest. Das ist ganz aktuell in Frankreich. Haben Sie gesehen, wie die korsische Fähre geentert wurde? Die Korsen führen Attentate durch, manchmal sind es die Bretonen oder die Basken. Es gibt eine typisch französische Integration durch die Negation. Alle, alle Parteien in Frankreich, die Unternehmer, die Arbeiter denken, dass man durch Gewalt etwas erreicht. Es gab Streiks, z.B. bei Moulinex, bei denen die Arbeiter damit drohten, die Fabrik in die Luft zu sprengen. Es gab Streiks in Chemiefabriken, bei denen damit gedroht wurde, Säure in die Flüsse der Region zu kippen. In Frankreich glauben viele, dass man Stärke beweist durch die Fähigkeit, einem andern Schaden zuzufügen. Ich glaube also ganz im Gegenteil, dass sich die Jugendlichen maghrebinischer Herkunft durch diese Art integrieren.
Frage: Das ist doch alles andere als Integration. Die Krawalle finden in sozialen Elendsvierteln statt, in denen 30 bis 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit herrschen. Die Schulen sind kaputt. Die Jugendlichen leben in Wohnghettos. Das sind Ghettos, die in den 60er 70er Jahren für die Rückkehrer aus den ehemaligen Kolonien eingerichtet worden sind, die für die Siedler und die Immigranten gebaut wurden. Die Explosion der Gewalt ist doch allemal sozial motiviert?
Nein. Das sind günstige Umstände, aber durch sie erklärt man nichts. Vor allem neigt man dazu, dadurch alles zu entschuldigen. Warum? Weil es Menschen gibt, die unter diesen ungünstigen Umständen leben, die nicht die Autos anzünden, die nicht die Menschen anzünden. Entweder erklärt man, dass die Mehrheit Unrecht hat. Oder man sagt: Die Mehrheit hat Recht, weil sie keine Autos anzündet. Aber man muss dann auch noch hinzufügen, dass die Mehrheit der Jugendlichen feige ist, wenn sie keine Autos anzünden. Das sagen zumindest diejenigen, die die Autos anzünden. Aber wenn das ein Soziologe sagt, scheint mir das zweifelhaft zu sein. Es ist etwas Besonderes an den Leuten, die Autos abfackeln und am Ende sogar Menschen zu töten bereit sind. Man muss das Besondere an ihnen analysieren - das Spezifische ist der Hass. Man muss die Besonderheit des Hasses erkennen und ihm seinen besonderen negativen Ruhm zuerkennen.
coyote05 - 11. Nov, 11:30
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