Dienstag, 16. August 2005

Manifest eines Terroiristen ...

Nun endlich nach knapp mehr als einer Woche also, mein erster Beitrag zum Terroir - auch um endlich die für mich so wichtige Kategorie Wine zu eröffnen - obwohl eigentlich fast alles zu diesem Thema auch in der Kategorie POLITICS unzubringen wäre, als Thesen gegen die Globalisierung. Seit Jahren predige ich es und jetzt da es mit dem Filmen wie MONDOVINO oder SIDEWAYS modisch und schnell verbraucht zu werden droht (als Teil einer global vor sich hingelallten, inhaltsleeren Sprache des Hypes), ist es an der Zeit, dem Begriff wieder etwas Dunkles, Kryptisches zurück zu geben, um ihn vor zu raschen Vereinnahmungen zu schützen.

Language is a virus, sic!

Die Hilfe kommt in Gestalt von Reinhard Löwenstein, der nicht nur das Manifest "Von Öchsle zum Terroir" geschrieben hat, sondern es auch mit der passenden Einleitung im O-Ton versieht : "Es ist schwierig, das Terroir eindeutig zu definieren, genauso schwierig, wie wenn man beschreiben soll, was eigentlich einen anständigen Menschen ausmacht. Aber eben diese Menschen sind das Wichtigste am Terroir. Sie bringen die ordnenden Kräfte ein. Ansonsten muss man die Natur nehmen, wie sie ist. Auch das Ringen um den Wein, die Verzweiflung, die man bei Problemen verspürt, sogar die Angst gehören zum Terroir. Für mich ist Terroir im weitesten Sinn ein Ausstieg aus der Welt des Perfektionismus."

Montag, 15. August 2005

Die Zeit und das Zimmer ...

olaf_julius... von Botho Strauss wieder gelesen, nach 20 Jahren, und festgestellt, dass das Unterstrichene von damals auch noch berührt. Wie das Leben so spielt, und wie wir in ihm agieren und unsere Texte sagen - bessere Laiendarsteller für etwas so Großes, das wir nur einmal aufführen dürfen. Grußworte, Abschiedsworte, Sterbensworte und dazwischen der eine Satz, nach dem wir uns so sehnen - ICH LIEBE DICH. Und weil wir es nicht erwarten können, oder weil wir Angst haben, dass es diese Szene in unserem Stück vielleicht gar nicht gibt, sagen wir es - immer wieder. Doch wird dadurch nichts stärker. Es verbraucht sich nur - das Leben, die Liebe. Wir öffnen die falschen Türen und schlagen die falschen zu. In unserem besten Stück. Und die Zeit weht wie Zugluft Menschen durchs Zimmer.

JULIUS: Nun ist sie wieder weg. Plötzlich. Genau wie damals. Tempo der Türen. Nichts sonst. Auf zu. Auf zu. Man verklappt Leben. Das war´s dann aber auch.
....
SCHLAFFRAU zu JULIUS: Ich glaube noch heute, du hast dich nur versprochen, damals. Du hast aus Versehen `Adieu` gesagt. Du hättest genausogut `Bleib!` oder `Nimm mich!`sagen können. Du suchtest nach einem kurzen endgültigen Wort. Du hast dich bloß vergriffen.

Sonntag, 14. August 2005

Seltsam. Die Spucke in meinem Mund ...

"Seltsam. Die Spucke in meinem Mund bin ich. Die Luft in meinem Mund nicht. Die Nahrung, die ich zu mir nehme, nicht, dennoch passiert sie irgendeine Grenze und wird ich. Ich selbst war so willkürlich bestimmt - der Gedanke bin ich, die Sprüche und das Essen sind ich, aber das Gemälde, das ich hervorbringe, meinem Denken entsprossen, ist nicht ich, die Melodie in meinem Kopf ist ich - und wenn ich diese Definition des Selbst irgendwie als nichtexistent ablehne, kann ich mich dann neu definieren?"

Maura O´Halloran: Im Herzen der Stille

Habe viele Bücher gelesen, aber wenige bleiben wie dieses: "Form ist Leere. Sie ist nie das gleiche. Sie ändert sich stets. Deshalb existiert sie nicht, ist mu. Rennt man aber gegen eine Wand, dann bleibt Form natürlich Form."

Am Anfang war die Kugel ...

Sloterdijk (Im Weltinnenraum des Kapitals) endlich zumindest sekundär gelesen, zur Primärlektüre fehlt Zeit und Lust. Jetzt wissen wir, was wir immer schon vermuteten: die Globalisierung ist kein Produkt des 20. Jhdts. Aber warum auch sollte es mit der Globalisierung anders sein als mit der Aufklärung, deren Dialektik uns Adorno und Horkheimer damals noch in der Moderne um die Ohren knallten? (Odysseus bei den Syrenen: Das wichtigste Aufklärungskapitel und der Beginn der zynischen Vernunft).

Jedenfalls folgt bei Sloterdijk auf die erste „kosmisch-uranische“ Globalisierung – das Runde als vollkommenste Idee – die so genannte „terrestrische" Globalisierung im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit (Startdatum: 1492, Kolumbus’ folgenreiche zweite Exkursion) als die Zeit der Entdeckungen, Eroberungen, Kolonialisierungen, Kartografierungen, die zugleich eine Zeit der Kapitalisierungen war. Und wir erfahren, dass die wahre Botschaft der Neuzeit nicht heißt, dass die Erde sich um die Sonne dreht, sondern, dass das Geld um den Globus läuft. Das ist durchaus witzig. Und wäre noch witziger, wenn Sie ihr Ende mit Niki Lauda und seinem Sager fände, dass er es satt hatt, andauernd im Kreis zu fahren. Denn damit, dass ein Kreis sich schließt – bei Sloterdijk mit dem Auftauchen eines zweiten Beobachters und unendlich vielen konkurrierenden Standorten -, beginnt die dritte und letzte Phase der „elektronischen" Globalisierung als das Zeitalter der Vernetzung, der De-Zentrierung, des Hyperlinks und der Nomadisierung. Was bedroht wird, ist die konkrete Örtlichkeit, nicht das „Häusl“, sondern bei Sloterdijk und mit Heidegger gesprochen, die sinnfundierte Hütte. Denke an dieser Stelle auch an Gottfried Benn und seine Reise im Sitzen, eine Metapher, die man ja auch als Reflex auf die Heimatlosigkeit lesen könnte, die so viel Angst macht, dass man sich nicht mehr aufstehen traut.

Mein Resumée, das ich mir natürlich eigentlich nicht erlauben kann. Das Schönste am ganzen Buch ist, dass es mir nicht allzuviel Zeit gestohlen hat, dass mich die Sekundärlektüre durchaus anregen konnte und sein Titel: Der Weltinnenraum – ein Begriff, der die Raummetapher von allen störenden Nachbarlichkeiten abschottet. Um so etwas wie die Quadratur des Kapitals zu bilden. Der Weltinnenraum des Kapitals also, den Sloterdijk im Buch historisch durch den Londoner Kristallpalast auf der ersten Weltausstellung 1851 (das Globale wird zum Thema!) verankert, galt durch seine unsichtbaren Grenzen lange Zeit als uneinnehmbar. Bis zum 11. September 2001. Denn da gab es jemanden, der nicht mehr bereit war, das Spiel auf der Ebene der strukturellen oder symbolischen Gewalten auszutragen, einer Ebene, wo er immer nur verliert. Er wischt mit einer terroristischen Handbewegung alle Steine vom Brett und trägt die ursprünglichste aller Gewalten, die physische, ins Zentrum dieses Glaspalasts, in dem die Symbole (die Twin Tower stehen für das Finanzkapital) erzittern und einstürzen. Sic!

Samstag, 13. August 2005

37% Schokolade ...

... ich komme aus einer Zeit, da waren die Prinzenrollen von De Beukelar noch in. Zu jeder zweitbesten Gelegenheit wurden Sie bei der komplizierten Vermittlung von Kinder- und Erwachsenenwelt eingesetzt, was wir Kinder willig geschehen ließen. De Beukelar - allein schon der Name und dann noch dieser romantisierend-aristokratische Touch des tanzenden Prinzenpärchens. Das alles trug dazu bei meine Kritikbereitschaft einzulullen und mich an die Dekonstrukion dieser Keks-Schokolade-Architektur zu machen und uns in degustativer Kombinatorik zu üben. Plattentektonisch von Manner (Schnitten!) aufs Beste vorbereitet. Ein herrliches Spiel, wenngleich mich schon damals das Gefühl beschlich, dass das Verhätlnis von Schokolade und Keks noch optimiert werden könnte. Es gab zuviel Keksanteil, der aus den Ohren staubte und den Hals piesackte, bis man sich zur versöhnlich, schmierigen Schokolade durchgemalmt hatte, das stand fest.

Meine finanziellen Mittel und vor allem die vielen kleinen Abenteuer, die jeden Tag auf mich warteten, verhinderten, dass ich damals der Sache auf den Grund gegangen wäre. Danach passierte viele Jahre nichts zu diesem Thema, es war beiseite gelegt - bis zu dem Tag, als ein paar Marketingstrategen von Milka mein Problem neu definierten: Die Milka Schokokeks, die 30 Jahre später die alte Regalordnung im Bereich Schokolade gehörig ins Wanken brachten, waren auf den ersten Blick die überfällige und goldrichtige Reaktion auf mein damaliges Unbehagen. Auf den ersten Blick, wie gesagt, denn es war mir schon nach einigen Familientafeln klar, dass hier zuviel des Guten versucht wurde - mit der Konsequenz, dass mich der Schokoladeüberschuss regelmäßig an den Rand der Übelkeit und in die sichere Nähe der Toilette führte.

Warum die ganze Geschichte? Weil sich mir heute die magische Zahl offenbarte. Auf einer Cookies Packung von Interspar: 37% Schokoladenanteil steht hier rot auf weiß zu lesen. Vergesst die Prinzenrollen, vergesst die Schokokeks, probiert eines dieser Cookies und erkennt die Größe der Amerikaner zumindest in dieser Disziplin neidlos an. Dann wird es auch leichter fallen, die Stars & Stripes der Verpackung zu ignorieren, bevor es ans Eingemachte geht. Ein letzter Blick auf die Verpackung, er macht sicher: Authentic American Taste.

Wie nahe wir damals eigentlich schon dran waren, vor 30 Jahren: 2 Teile Keks, ein Teil Schokolade, gleich dick wie jede Keksplatte aber etwas weniger Durchmesser. Das macht, sagen wir 31% Schokoladenanteil? Wenn ich dafür 30 Jahre brauche, wird die Zeit, die mir bleibt, wohl nicht reichen.

Freitag, 12. August 2005

Quallen igittigitt!?

Habe gerade den Text gefunden, der mich vor ein paar Tagen - oder sind es schon wieder Wochen - so gefesselt hat. Und muss die wichtigsten Punkte aus dem Gelée de mer von Jürgen Langenbach hier mal festhalten. Kürzer gehts leider nicht, es ist so unglaublich ... Augen, die nur nach innen schauen, Gene, die nach Belieben aktiviert und deaktiviert werden können, ohne Struktur, ohne Organe, ohne Gehirn, aber mit einer nervösen Intelligenz und einer bedrohlichen Kampfbereitschaft ausgestattet, die Angst einflößt und Staunen macht ....

Erlaube mir meine Kommentare kursiv zu setzen (der Rest ist Zitat):

Seit 670 Millionen Jahren schweben sie durch die Meere und fressen und fressen und fressen ... (sie haben) keinen Kopf und kein Gehirn, kein Herz und kein Blut, kein vorne und hinten - vielleicht sollten wir den Bundesadler doch nicht durch das Backhenderl sondern durch die Qualle ersetzen? - der Erste, der sie erforschte (Abraham Trembley, 1704), hielt sie für Pflanzen, weil ... diese Regenerationsfähigkeit nach damaligem Stand nur Pflanzen hatten. Heute weiß man, dass aus einer einzigen Zelle ein ganzer Polyp werden kann - und nennt solche Zellen totipotent - schönes Wort, aufheben! -, manche Labormäuse haben sie auch, hier heißen sie embryonale Stammzellen - na jetzt wirds aber interessant! - Hinter ihnen ist die Molekularbiologie her wie einst die Alchemie hinter dem Stein der Weisen, an Nesseltieren kann man sie gut studieren, sie bevölkern immer mehr Labors.

Nesseltiere galten als primitiv, sie haben, so steht es in den Büchern, nur zwei Keimblätter, Ektoderm und Endoderm. Das eine bildet die Außenhaut der glocken- und würfelförmigen "Sackdarmgeschöpfe", das andere kleidet das Innere aus. Dazwischen liegt die glibbrige Schicht, die zu 99,7 Prozent aus Wasser besteht, den Körper stützt und den Quallen viele Namen gegeben hat, gelée de mer, jellyfish. Bei höheren Tieren liegt etwas anderes zwischen Ekto- und Endoderm, das Mesoderm, aus ihm entwickeln sich alle Organe. Quallen haben kein Mesoderm - in den Büchern -, deshalb waren sie lange der Forschermühe nicht wert. Zudem war die Mühe oft vergebens, Quallen zerfallen zu Gallertklumpen, wenn man sie mit Netzen fischt. Und Unterwasserkameras gab es noch nicht, als Ernst Haeckel den nächsten Anlauf unternahm: "Niemals werde ich das Entzücken vergessen, mit dem ich als zwanzigjähriger Student die erste Tiara und Irene, die erste Chrysaora und Cyanea beobachtete und ihre prächtigen Formen und Farben mit dem Pinsel wiederzugeben suchte", erinnerte sich Haeckel 1879 im "System der Medusen". (Das Haupt der Medusa, sic!)

Doch nicht nur Sehen lehren sie uns, auch wie wir Sehen lernen - Ungeheuerlichkeiten, wohin man sieht: manche Quallen haben Augen, hoch entwickelte, man weiß nur nicht, ob sie damit auch sehen - es gibt keinen Abstand zwischen Linse und Netzhaut -, und wenn ja, was: Die Augen schauen nicht in die Welt hinaus, sondern in den Magen hinein, vielleicht überwachen sie das Verdauen.

Da hätten sie viel zu tun. Seit 670 Millionen Jahren sitzen die Polypen am Seeboden und schweben die Quallen im Wasser - und wechseln einander von Generation zu Generation ab: Im frei lebenden Stadium, dem der Quallen, vermehren sie sich sexuell, legen Eier, daraus schlüpfen Larven; die setzen sich fest und sorgen asexuell für die nächste Runde, sie schnüren an ihrem Kopf eine Qualle nach der anderen ab, wie wenn ein Stapel Teller abgeräumt wird. Schönes Bild. Die machen was sie wollen. Muss immer an Matrix denken ...

Die Nesseln sind ein technisches Mirakel - sie schleudern Harpunen mit 40.000 g, ein g ist 9,81 Meter pro Sekunde ..., sie sitzen millionenfach etwa in den bis zu 50 Meter langen Tentakeln der Portugiesischen Galeere, Physilia. Die ist auch ein soziales Mirakel: Ihre Tentakel sind überhaupt keine Tentakel, es sind zu Tentakeln gewordene ganze Quallen. Die Galeere ist eine Staatsqualle, eine Kolonie aus vielen Individuen, die sich spezialisieren, die einen fangen das Futter, die anderen verdauen es, die dritten halten das Segel in den Wind, ja, das Segel, die Sozietät baut einen gasgefüllten Sack, der aus dem Wasser ragt, mit ihm navigiert sie fast wie eine Rennyacht, sie kann 33 Grad am Wind segeln (Yacht: 40). Alles zusammen darf man getrost als Organismus mit Organen betrachten: Die Galeere braucht kein Mesoderm, sie hilft sich mit Arbeitsteilung.

Quallen haben keinen rechten Bauplan, ... Polypen haben kein Gehirn, nur ein Nervennetz? ... Und Cnidaria haben viele Gene aktiv, die in der weiteren Evolution still und erst bei Wirbeltieren wieder aktiv sind. Aber wie kann man sehen, wann welches Gen aktiv ist? Man markiert es mit Luziferase, dem Leucht-Gen der Qualle, das zum zentralen Werkzeug aller Genetiker geworden ist: "Was für ein wunderbares grün schillerndes Licht die weichen eklen Quallen warfen, die wie atmende Blasen bald auftauchten, bald wieder in die Tiefe sanken" (Friedrich Gerstäcker, "Das Wrack"). Angeschwemmt wurden sie auch, etwa bei Neapel. Plinius der Älteren (23 bis 79 A. D.) ... soll seinen Stock damit illuminiert und beim nächtlichen Heimweg wie eine Fackel vor sich her getragen haben.

Donnerstag, 11. August 2005

Wohin bittesehr ... ?

Alles fließt - ohne zu wissen wohin. Bewegung ohne Richtung. Bewegung als Selbstzweck. "Bravo" rufe ich, bewegt euch. Hoch die Tassen! Tut so, als wenn es Sinn machte. Lasst uns nicht mehr danach fragen, setzen wir den Sinn doch einfach voraus. Red Bull und Nike und all die Marken helfen uns dabei. Wen interessiert schon das Darunter, wenn das Label stimmt?

Alles bereit für den kleinen Exkurs? Dorthin wo alles begann, in der Postmoderne im Jahre Schnee, Ende der 80-er. Sie war der Wegbereiter des Hyperlinks, einer Welt in Form eines unaufhörlichen Verweisungszusammenhangs. Wir suchen unser Heil in der Bewegung und messen die Qualität eines Orts an den Links, die er bereithält, um schnell wieder von ihm fortzukommen. Eine Position zu haben, scheint weniger wichtig, als schnell in eine andere wechseln zu können.

Mit diesen Hyperlinks wurde schon Jahre zuvor die Dot.Com-Blase gefüllt - ohne einen einzigen Signifikaten. Der Bezug zum Realen war dann auch nur in den seltensten Fällen herstellbar - die Blase blatzte. Puff.

Was seitdem geschah? Nichts. Oder zumindest nicht viel. Wer ist bereit, die neue Zeit zu denken? Ein Peter Sloterdijk versucht als einziger, uns die große Geschichte zu verkaufen, den Zusammenhang sphärisch noch einmal herzustellen und: verkauft dabei doch nur sich selbst. Der Philosoph als schönes Beispiel für die neuen Ich-AGs, die überall aus dem Boden schießen.

Wenn ich ihn nur verstehen könnte! Ginge es mir dann besser?

Mittwoch, 10. August 2005

Almsommer am Dachstein ...

... denke an Bodo Hell und an seine Grafenbergalm - die Konturen der Landschaft maskieren den Lärm recht gut, tritt man jedoch von der Hochfläche zur Talkante hinaus, brüllt jedes hochstartende Motorrad wie ein Rakete auf - und sehne mich nach allem, was Weite hat und Zeit. 30.8.2004: nach Regen blank, Viehmüdigkeit, 3 Adler im Thermikflug entlang der östlichen Ahornkante - so einfach kann Leben sein.

Doch "sobald der Jagdgast die Trophäe (seines Abschusses) in Händen hält, ist er meist nicht mehr heroben zu halten, er will ins Tal, um die Krucke jemanden zu zeigen" - wir sind wohl alle bloß Trophäensammler.

Morgen mach ich etwas nur für mich. Das heißt aber auch, dass ichs NIEMANDEN sag. Wie schwierig es wird, wenns besonders schön war/ oder anstrengend/ aufregend. Nur für mich allein!

Dienstag, 9. August 2005

Das Ende der Globalisierung ...

John Ralston Saul schreibt in seinem Vorwort zur Publikation Globalization Insights: "Was die Globalisierung betrifft, so ist sie vermutlich die erste Großtheorie der Geschichte, die steif und fest behauptet, dass eine Zivilisation nur im Licht der Ökonomie funktionieren kann." Gegen die Verblendung des Unausweichlichen stellt Saul Geschichten aus dem Leben wirklicher Menschen. Sie zeigen uns, dass es auch anders geht.

"Heute, nach 35 Jahren zweifelhafter Resultate, lassen großte Teile der Welt diese globale Wirtschaftstheorie einfach links liegen." Beispiele aus allen Teilen der Welt belegen es: Malaysia machte es 1997 vor durch sein erfolgreiches Krisenmanagement, als es den Wechselkurs der Währung festsetzte, den Export ausländischen Kapitals blockierte und die Einfuhrzölle erhöhte. Heute folgen Länder wie Argentinien und Brasilien, die sich zum Teil aus dem Globalisierungsexperiment zurückziehen. Auch China spielt nur mit den ach so unantastbaren Gesetzen des globalen Markts (Textilexporte).

Ist es nicht wie in einem Spiel, bei dem die Spieler ganz unterschiedliche Ausgangspositionen haben. Die einen haben nur eine Figur, die anderen das Brett voll und bestehen noch dazu darauf, dass sich alle an die Regeln halten, die sie aufgestellt haben?

Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Globalization Insights, Mai 2005
Jeremy Rifkin: Der Europäische Traum, Campus 2004
John Raston Saul: The Collaps of Globalism, Viking , Canada 2005

Unter der Glasglocke ...

Alle sind fort. Niemand wartet. Dann sehe ich dich, immer wieder dich. Gemeinsam können wir es schaffen. Und wenn ichs allein auch wissen will?

Wie bitte geht das Leben?

"Nachdem Doreen gegangen war, fragte ich mich, warum ich es nicht mehr schaffte, das zu tun, was ich eigentlich tun sollte. Darüber wurde ich traurig und müde. Dann fragte ich mich, warum ich es nicht mehr schaffte, das zu tun, was ich eigentlich nicht tun sollte, so wie Doreen, und darüber wurde ich noch trauriger und noch müder."

Sylvia Plath: Die Glasglocke

Lob der Frauen über 50 ...

Andy Rooney, Journalist des Fernsehmagazins 60 Minutes schreibt:

"Je älter ich werde, umso mehr schätze ich Frauen über 50. Hier ein paar Gründe, weshalb das so ist. Eine Frau über 50 wird nicht neben dir im Bett liegen und fragen: Was denkst du? Es ist ihr egal, was du über sie denkst. Wenn eine Frau über 50 nicht Fußball gucken will, sitzt sie nicht da und quengelt herum. Sie macht das, was sie machen will. Und das ist gewöhnlich interessanter. Eine Frau über 50 kennt sich selbst gut genug, um sich sicher zu sein, wer sie ist, was sie ist, was sie will und von wem. Nur wenige Frauen über 50 werden auch nur andeutungsweise wissen wollen, was du von ihnen hältst oder von dem, was sie tun oder lassen.

Frauen über 50 haben Würde. Sie fangen nur selten in der Oper oder in einem teuren Restaurant lautstarken Streit an. Selbstverständlich werden sie nicht zögern, dich zu erschießen, wenn sie glauben, dass sie damit durchkommen. Ältere Frauen gehen freiwillig mit Lob um, auch wenn es oft nicht verdient ist. Sie wissen, wie es ist, wenn man nicht geschätzt wird. Eine Frau über 50 hat genug Selbstvertrauen, dich ihren Freundinnen vorzustellen. Eine jüngere Frau mit einem Mann wird oft sogar ihre besten Freundinnen ignorieren, weil sie dem Kerl bei anderen Frauen nicht traut. Frauen über 50 ist es völlig egal, ob du auf ihre Freundinnen scharf bist, weil sie wissen, dass ihre Freundinnen sie nicht betrügen. Frauen kriegen den sechsten Sinn, wenn sie älter werden. Eine Frau über 50 musst du nie deine Sünden beichten. Sie kennt sie bereits. Eine Frau über 50 sieht gut aus wenn sie einen grellroten Lippenstift trägt. Für jüngere Frauen und Drag Queens gilt das nicht. Wenn du mal ein oder zwei Falten beiseite lässt, ist eine Frau über 50 weit sexyer als ihre jüngeren Entsprechungen. Ältere Frauen sind aufrichtig und ehrlich. Sie sagen es dir sofort, wenn du ein Arsch bist oder dich wie einer aufführst! Du musst dich nie fragen, was sie von dir hält.

Ja wir preisen Frauen über 50 aus vielerlei Gründen. Unglücklicherweise beruht das nicht auf Gegenseitigkeit. Für jede hinreißende, kluge, gut frisierte, heiße Frau über 50 gibt es ein glatzköpfiges, dickbäuchiges Relikt in gelben Hosen, das sich wegen einer 18-jährigen Bedienung zum Narren macht. Meine Damen, ich entschuldige mich dafür.

Für alle Männer, die immer den Spruch draufhaben Warum soll ich eine ganze Kuh kaufen, wenn ich die Milch umsonst haben kann?, kommt hier eine neue Version: Heutzutage sind 80% aller Frauen gegen die Ehe. Warum? Weil Frauen erkannt haben, dass es sich nicht lohnt, ein ganzes Schwein zu kaufen, nur um eine kleine Wurst zu bekommen."

Aus dem Magazin DIE GAZETTE, Nummer 6/2005

Montag, 8. August 2005

Abseits von allem ...

Chengde, China 1988. Es regnete ununterbrochen, eine einzige Wand aus Wasser seit ich in Peking gelandet war. Knietief von Ufer zu Ufer über die Straßen, ein Kampf um jeden Teller und jedes Bett. Da stand ich nun in dieser trostlosen Stadt und wusste nicht, was ich suchte, hier und in China und überhaupt. Bis ich diesen Felsen sah und diese Landschaft hinter dem Regen. Ich wollte so gerne eintreten, diesen verwunschenen Fels ersteigen, abseits der Touristenattraktionen, um die sich das Volk drängte. Und es drängte sich immerzu - ob am chinesischen Meer oder an der chinesischen Mauer - und hinterließ jedesmal ein präziseres Abseits als ich es je für möglich gehalten hatte.

Diese Welt, die neben dem offiziellen China stand - oft nur wenige Meter und Jahre entfernt - wollte ich öffnen, für mich ganz allein und: es ging nicht. Das passierte mir mehr als einmal auf dieser Reise, dass dort, wo ich die Tür vermutete, jemand stand, der mich zurückwies, zurück auf die Straßen, auf denen alle gingen.

Jetzt, wo ich mit jedem Tag und mit jedem Text, den ich lese, merke, dass der innere Schreibdrang kaum noch aufzuhalten ist, denke ich mir, dass es der richtige Zeitpunkt ist zu beginnen. Nicht mit einer Fiktion, einem Roman, sondern mit mir, den ich so lange stehen ließ und der sich so lange damit begnügen musste, mir zuzuschauen, wie ich funktionierte, wie ich mir beweisen wollte, dass ich funktionieren kann. Wie ich langsam zur Maschine wurde. Zu einer guten, zu einer, die durchaus mit Gefühlen ausgestattet war, aber doch eben nie den Zweck aus den Augen verlor, und tief im Innern nichts anderes sehnte, als instrumentalisiert zu werden.

Brain Drain ...

... nennt man die stetig steigende Migration von gut ausgebildeten Fachkräften - vor allem aus Entwicklungsländern in Länder der ersten Welt. Schon 1990 waren es 13 Millionen, wie das UN Chronicle berichtet. Das Problem konkret: durch den großen Abgang an Fachkräften sind Entwicklungsländer oft gezwungen, ausländische Kräfte als Teil von Entwicklungshilfe-Packages "einzukaufen". Worum es geht? Aus dem Brain Drain eine Brain Circulation zu machen, damit mehr als eine Seite von diesen Migrationen profitiert; darum kümmern sich Diaspora Networks. In diesem Artikel wird auch die Kehrseite der Medaille angesprochen, das sogenannte Brain Waste, wenn gut ausgebildeten Leute aus Entwicklungsländern bei uns höchstens Arbeiten als Hilfskräfte zugewiesen werden.

Brain Drain, Brain Gain in Africa: Linklist
Dass es auch einen umgekehrten Brain Drain geben kann, beweist Lateinamerika mit zahlreichen Beispielen.

Und wie die Sache zwischen ersten Welten - zB. von Europa in die Staaten - aussieht, dazu gibts in der Sidebar rechts auch noch die komplette Linklist im Future Now-Blog vom 6.8.2005.

Sonntag, 7. August 2005

Damals in der Postmoderne ...

Plözlich am frühen morgen eine Erinnerung. Klar und ohne allzugroße Details. Damals irgendwo im kleinen Städtchen Salzburg - als wir begriffskonzeptiv die Postmoderne erkundeten, im Weinlokal in der Sigmund-Haffner-Gasse oder in einer Nische der philosophischen Fakultät. Es war aufregend, den Puls der Zeit im Denken zu spüren, und wir waren froh, die Moderne endlich los zu sein. Klar gab es da die Frankfurter Schule und andere, die wir trotzdem weiter lasen, aber die neuen Stichwortgeber kamen aus Frankreich und Foucault war dabei noch der modernste, was zu dieser Zeit nichts anderes hieß als: der traditionellste. Die wahren Postmodernen waren Baudrillard, Virilio und Derrida.

Doch es war nicht nur diese Erinnerung an einen geistigen Zustand, es war gleichzeitig eine Sehnsucht spürbar, eine Sehnsucht nach damals aus diesem post-postmodernen Heute heraus, rückwärtsgewandt, dorthin, wo wir uns nicht vorstellen konnten, was postmodern leben heißt. Und diese Ungewissheit damals hatte ich plötzlich wieder als Geschmack auf der Zunge, eine Ungewissheit, die viel von unserer Neugier ausmachte.

Heute wissen wir es, heute sind wir mittendrin - aber nicht in der Postmoderne, sondern in einer Zeit, die keinen Bezug mehr aufweist zur Moderne. Also nicht Post-Irgendwas, sondern Irgendwas, ohne Bezug, die totale Beliebigkeit. Spätestens seit heute weiß ich nicht nur den Unterschied, ich spüre ihn auf meiner Haut und an allem, was mich umgibt. Da kann die BZÖ Regierungsverantwortung beanspruchen und keiner muckt auf, da spielt das Nationalteam in Burgenlanddressen und alle finden es super. Irritierend ist nur, dass aus dem Bundesadler nicht schon längst ein Backhenderl geworden ist.

Las vor einigen Tagen einen Essay eines Rumänen, der den Titel hatte: Derrida kommt - und war verblüfft darüber, was Derrida in den Karpaten bedeuten kann. Wie explosiv dieses postmoderne Gedankengut interpretiert und benutzt werden kann. Vielleicht müssen wir nur in den Osten, alle, je weiter, je besser, und vielleicht wartet ja ganz im Osten mein fernes Argentinien, und meine Anden, die die Postmoderne nur vom Hörensagen kennen.

Auch Rumänen haben Namen. Sorry Alex Popov, hab deine Geschichte in weißen Unterhosen nun nachrecherchiert. Sie kam letztes Jahr im November in der Volltext-Literaturzeitung (Magazin ist mir in diesem Zusammenhang zu negativ besetzt) und sollte eigentlich hier! zu finden sein, wenn der Link wieder funktioniert. Bei mir hat er es nicht getan.

Am Anfang war kein Wort ...

peter lau schreibt im brandeins 05/2005 zum Tod des Kapitalismus: Mit Worten habe ich es nicht so. Also im Verbund gern, wenn sie schön zusammengesetzt sind. Aber einzelne Begriffe, hingehustet wie von aufgeregten Asthmatikern? Die nichts außer sich selbst bezeichnen? Und natürlich die Aufregung des Hustenden? Ohne mich. Der amerikanische Schriftsteller William S. Burroughs behauptete vor einigen Jahrzehnten, Sprache sei ein Virus, und ich glaube, die Krankheit hat uns alle erfasst. Genau wie Marken Produkte ersetzt haben, sodass wir heute statt Sachen übergeschnappte Bedeutungs-Cluster kaufen, entziehen Worte den Dingen ihre Kraft und setzen sich an ihre Stelle, sodass wir über sie reden, statt zu ändern, was sie einst bezeichneten. Wie ein Virus saugt das Gerede unsere Zeit und unsere Aufmerksamkeit auf, wie ein Virus breitet sich Thema auf Thema aus, bis alle sich angesteckt haben. Und dabei halten wir die Krankheit für einen unverzichtbaren Teil unseres Lebens, denn bekanntlich heißt es: Am Anfang war das Wort. Aber das stimmt nicht.

An anderer Stelle gibt derselbe noch einen "Kurzen Überblick über alles" frei nach dem Motto "Leben heißt lernen".

Siniweler - Ohne Tal

Kein Ort zum Verweilen, nirgends. Wohin uns die Reise führt? Geradewegs lotrecht zu allem, was das Herz schneller schlagen lässt.

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