Sonntag, 11. Dezember 2005

Alpenüberquerung ...

... von Tirol aufs Schönhaltereck in knapp 3,5 Stunden!

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Waldheimatlich ...

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Pulverbeschichtet ...

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Tannen(z)eisig ...

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Nordwindbröseln ...

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Irenesteesalon ...


Nohtoi (nach Tal) fotolos!

Mittwoch, 7. Dezember 2005

Love is monsun ...

Every day is a rainy season
every night is a full moon
whenever I am with you darling
love is a monsun ....

Gesummt, gegrölt, gegurgelt - den ganzen Tag schon in meinem Kopf. Ein Song wie von den Stone Roses vor sich hergetrieben. Bin schon am Sprung über den Teich. Was hier noch in Europa ist, mein Körper, bestenfalls eine melancholische Verlustmasse, von der ich mich lösen werde, sobald die Motoren glühen. Den Regen bringe ich mit.

Und das Audio? Das wird beizeiten nachgereicht.

Donnerstag, 1. Dezember 2005

Parabel des Zen

Denen, die von Zen nichts wissen, sind Berge nur eben Berge, Bäume nur eben Bäume und Menschen nur eben Menschen. Nachdem man Zen halbwegs verstanden hat, wird die Nichtigkeit aller Formen wahrgenommen, und Berge sind nicht länger Berge, Bäume nicht länger Bäume und Menschen nicht länger Menschen. Indessen, dem, der ein volles Verständnis von Zen gewonnen, sind Berge wiederum nichts als Berge, Bäume wiederum nichts als Bäume und Menschen wiederum nichts als Menschen.

... vielleicht ist Zen ja nichts anderes als Dialektik mit dem Bauch gedacht oder das Zerkauen der Begriffe bis die Zähne locker werden.

Sonntag, 27. November 2005

Paradigmenwechsel ?

Im "World Development Report 2006" der Weltbank wird darauf hingewiesen, dass sich strukturell verfestigte Ungleichheit einer Gesellschaft als Hemmnis für Wirtschaftswachstum erweist. Puff!

Bis vor kurzem waren ja noch "Freihandel und Deregulierung" die stumpf wiedergekäute Antwort des Kapitals, wenn es galt, Lösungen zu finden, um die Wirtschaften anzukurbeln (und Armut zu bekämpfen).

Freitag, 25. November 2005

Mein Klo war die Hose selbst ...

Alf Poier über seine Kindheit und den ersten Entfremdungsakt. Ein Nachtrag zur Hegel-Lektüre von vor 2 Tagen / Kommentar 4. Adorno und Freud lassen ebenfalls grüßen. Verkopfte Philosophie kongenial ins kabarettistisch Existenzielle verfrachtet. Ach, lassen wir das: ins Literarische und damit Punkt. Ist Poier der neue Achternbusch?

Die Einheit, in der ich gerade noch verweilte, war gespalten worden in Millionen von Tausenden von Milliarden von Teilen. Die Welt wurde zum Puzzle. Wi sollte ich da jemals wieder alle Teile auf den richtigen Platz kriegen? Plötzlich war ich nicht mehr die Welt. Es gab von nun an die Welt und mich. Schade. Die Welt war groß, mächtig und stark. Ich war nur ein winziger extrig kleiner Teil. So kam es zum Weltkrieg. Die Welt gegen mich. Ich gegen die Welt. Nun musste ich Dürfen lernen und Wollen sollen. ... Ich musste all dies in wenigen Jahren der Kindheit lernen. Noch dazu war ich ja noch gar nicht stubenrein und fand das Katzenkisterl nicht von selber. Mein Klo war die Hose selbst.

Dienstag, 22. November 2005

Der Einäugige der Eineiigen ...

Am Sonntagvormittag wurde Gert Jonke in Berlin der Kleist-Preis verliehen: Hier eine seiner fünf Blitzlichtabbildungen seiner Dankesrede, mit denen er Herrn Kleist persönlich einen schönen Gruß schickte:

1 - DRAMA

Ein Schauspieler hatte während der Proben für ein neues Stück plötzlich größte Schwierigkeiten folgender Natur: Er fühlte sich an mehreren Stellen des Textes wie von einem höheren Zwang bedroht, sein Spiel schlagartig erschrocken abzubrechen. Befragt, worin denn dieser Zwang ungefähr bestünde, antwortete er, er habe plötzlich ganz deutlich die Gewissheit, während er oben auf der Bühne spiele, sitze er auch gleichzeitig plötzlich im Zuschauerraum an einem bestimmten (immer dem gleichen) Sitzplatz unten und schaue sich von unten hinauf sehr missbilligend sich von unten im Zuschauerraum sitzend von jenem Platz aus immer wieder zu und zeige sich herauf eine lange Nase oder mache andere sich von unten hinauf ihn verhöhnende Faxen, und das tue ihm sehr weh, verursache ihm oben auf der Bühne durchaus auch eher immer unerträglichere Schmerzen, es wäre immer mehr zum Weinen und zum Heulen, er sei wütend, wolle sich hineinschmeißen. Dort, wo er in der Bestuhlung unten zu sitzen behauptete, während er oben spielte, saß aber keiner. Das untersuchte man ganz genau und mit allem Verständnis.

Mit Müh und Not kam er dann aber doch noch in die Endproben. Bei der Premiere ging alles gut. Man glaubte, die Sache sei nun ausgestanden, irgendwie bewältigt wohl und somit bald wieder auch zu vergessen. Man achtete aber darauf, dass jener Platz, wo der Schauspieler immer sich selbst gleichzeitig unten sitzend sich oben zuzuschauen während er spielte, dass jener Platz auch in den weiteren Vorstellungen sicherheitshalber von irgendwem besetzt wurde, und wenn von keinem zahlenden Besucher, dann wenigstens vom Feuerwehrmann oder vom Dienst habenden Theaterarzt, weil man weiterhin nicht fahrlässig zu werden sich vorgenommen hatte, und weil man gerade in Theaterkreisen solchen Sachen gegenüber einen geradezu abergläubischen Respekt zu zollen für wichtig hielt.

Aber eines Tages, als man schon gar nicht mehr daran dachte, ergriff am Abend der besagte Schauspieler in dieser Vorstellung plötzlich ohne Vorwarnung einen in seiner Reichweite als Requisit hingestellten Blumenstock, um ihn dann blitzschnell, aber sehr wohl exakt, präzise gezielt ins Publikum zu schleudern, natürlich genau in Richtung jenes Sitzplatzes. Dem dort sitzenden Zuschauer musste im Krankenhaus, wohin er sofort nach Unterbrechung der Vorstellung mit der Rettung eingeliefert wurde, ein Auge notoperativ entfernt werden. Es handelte sich um den jahrelang schon verschollenen vermissten und eigentlich auch schon vergessenen und aufgegebenen Zwillingsbruder des Schauspielers, nach dem der Schauspieler aber nach wie vor suchen ließ (um teures Geld von Detekteien, und der seinem Bruder nach wie vor wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelte.)

Dem Schauspieler wurde natürlich sofort wegen publikumsgefährdenden Verhaltens fristlos gekündigt.

Die beiden Brüder schlugen sich fortan gemeinsam durchs Leben. Einmal traten sie in einem Varieté als lebendes Rätsel auf. Und zur Auflösung des Rätsels musste jener der beiden, der sich nicht die Schauspielkarriere selbst ruiniert hatte, sagen: "Von den eineiigen Zwillingen bin ich der Einäugige!" Um dann wie zum Beweis sich ins Gesicht greifend jenes seiner Augen, welches aus Glas war, aus dem Gesicht zu pflücken, und deutlich ersichtlich dem Publikum eine Zeit lang zeigend in die Luft zu halten.

Montag, 21. November 2005

Nie siehst du mich ...

Ein kleiner Thread zur Wahrheitsthematik: siehe Kommentare

"Nie siehst du mich da, wo ich die sehe."

Auch das ein Beitrag zur Wahrheitsthematik. Der ganz nebenbei zeigt, wie poetisch Wissenschaft sein kann. Das Subjekt ist nicht Punkt, sondern Fläche, Oberfläche, Quasi-Ort. Wir changieren dahin. Wunderbar das Zitat von Jaques Lacan, das ich seit Jahren in mir trage. Der Grund allen Verstehens, der Grund allen aneinander Vorbeiredens.

Werde mich gleich auf die Suche machen und das Umfeld liefern.

Sonntag, 20. November 2005

Integration durch Gewalt 2

Noch ein Interview mit André Glucksmann gelesen, diesmal von Andreas Puff-Trojan im vielgeschmähten Profil. In diesem werden im Vergleich zum ersten die Statements klarer und scheinen mehr zu sein, als nur provokativ - zum Teil besser, zum Teil einfach falsch!!!

Meine Hervorhebungen in KURSIV, meine Kritik in BOLD.

profil: Wer und was steckt Ihrer Meinung nach hinter den Ausschreitungen in den Vorstädten?

Glucksmann: Diese Brandstifter sind weder „alle Jugendlichen“ noch „die Jugend“ in den Banlieues. Es handelt sich um eine Minderheit, in deren Aktionen es durchaus etwas Neues gibt. Angezündete Autos kennt man aus der Vergangenheit. Aber jetzt stecken diese jungen Menschen Busse in Brand, die voll besetzt sind. In diesen Bussen saßen auch Kinder und alte Leute. Es gab beispielsweise eine behinderte Frau, die Brandwunden zweiten Grades davontrug und vom Buschauffeur gerade noch gerettet werden konnte. Man muss sehr genau hinsehen: Es handelt sich bei diesen Vorfällen keineswegs um eine islamistische Revolution. Denn sowohl diese Frau als auch der Busfahrer sind Muslime. Die Attentäter berücksichtigen also bei ihren Aktionen weder Hautfarbe noch kulturelle Zugehörigkeit. Es handelt sich bei den gegenwärtigen Ausschreitungen in Frankreich nicht um das Scheitern der Integrationsbemühungen. In Wahrheit war und ist die Integration erfolgreich. Die jugendlichen Täter sind nicht irgendwelche Araber. Ihre Eltern stammen aus arabischen Ländern, doch sie selbst sind französische Staatsbürger. Und in Wahrheit realisieren sie auf brutale Weise, was viele Franzosen denken – nämlich, dass die eigene Stärke, die Macht, ja die Wahrheit darin liege, etwas zerstören zu können und nicht etwas aufzubauen. Das ist eine ganz starke Ausdrucksform des Hasses, sogar der Grund allen Hasses – der Selbsthass. .... Ich definiere den Hass anders etwa als den deutschen Begriff der „Feindlichkeit“: Der Hass meint nicht einfach die Überlegenheit, die Verachtung, ja nicht einmal Unterdrückung und Versklavung. Nein, der Hass will die reale Beseitigung des anderen. Das meint etwa die Vernichtungslager. Der Hass steht im Blickfeld des Todes, während die „Feindlichkeit“ sich schlimmstenfalls in der Knechtschaft des anderen ausdrückt.

profil: Wo orten Sie nun diese tödliche Form des Hasses?

Glucksmann: In den Ideologien des NS-Staates, im Kommunismus, im radikalen Islamismus, bei Milosevic und seinem Serbentum, das eine Mischung aus nationalsozialistischer und kommunistischer Hasserfüllung war. Aber ich meine damit auch die orthodoxe Kirche und bestimmte Gangs. Hinter all diesen Ideologien steckt der Kern des Hasses, der die Auslöschung will.

profil: Sie schreiben, es gebe klare Verbindungen zwischen Antisemitismus, Frauenhass und dem sehr gegenwärtigen Antiamerikanismus. Ist das nicht ein wenig pauschal?

Glucksmann: Nein, es gibt da unverkennbare Verbindungen, der Hass kann von einem Aspekt zum anderen wechseln. Antisemitismus kann sich etwa in Antiamerikanismus verwandeln. Aber alle drei Aspekte haben noch etwas Wesentliches gemeinsam. Jean-Paul Sartre hat es hinsichtlich des Antisemitismus genau analysiert: Er erkannte, dass Antisemiten meist gar keine Juden kennen. Hitler kannte sie nicht, selbst Eichmann hatte nur wenig Ahnung vom Jüdischen. Der Hass auf die Juden bedarf keiner Kenntnis ihrer Existenz. Der Hass ist eben zuallererst ein Selbsthass. Wenn man Antisemit ist, so ist man das nicht, weil die Juden alle Frauen und alles Geld an sich gerissen hätten, sondern weil man selbst nicht alles Geld und alle wunderschönen Frauen besitzt! Man akzeptiert den eigenen Mangel, die eigene Endlichkeit des Wollens nicht. Man möchte Gott gleich sein und meint, die Juden würden einen daran hindern.

profil: Wie wirkt der Hass konkret?

Glucksmann: In Europa gibt es eine Mehrheit, die in gewisser Weise antiamerikanisch eingestellt ist. Man hat natürlich das Recht, Kritik an den USA zu üben. Es gibt sogar gute Gründe dafür. Es zeigt sich aber, dass die Menschen bei uns viel mehr gegen Bush sind als gegen Putin, obwohl der russische Präsident den schrecklichsten Krieg unserer Zeit führt: den Feldzug gegen die Tschetschenen, der einer Auslöschung jener Bevölkerung gleichkommt. Gegen diesen brutalen Krieg wird aber überhaupt nicht demonstriert, andererseits gibt es überall Großdemonstrationen gegen Bush und seine Irak-Politik. Das ist ein immenses Ungleichgewicht, das zeigt, dass man eigentlich nicht für den Frieden auf die Straße geht, sondern aus Gründen des Hasses auf Amerika.

Aber hier denkt er doch etwas zu kurz. Vorher macht er die Unterscheidung zwischen Hass und Feindlichkeit und jetzt nennt er das, was Leute gegen Amerika auf die Straße treibt, den Hass auf Amerika. Hey, Glucksi, wer will Amerikas Auslöschung????? Doch nicht die Leute, die auf der Straße demonstrieren, sondern eher die, die Flugzeuge plakativ in Wolkenkratzer jagen.

Wenn man für den Frieden demonstrieren wollte, müsste man es zumindest gegen beide Kriege tun. Der Antiamerikanismus ist vor allem in Westeuropa verbreitet. In Frankreich ist das ganz evident: Man hasst die USA, weil sie als Weltmacht Frankreich nicht erlauben, die Welt zu regieren, wie Frankreich das zu napoleonischen Zeiten zu tun glaubte. Es ist also Frankreich, das seine machtpolitische Endlichkeit nicht begreift. Sicher, die USA sind die einzig verbliebene Weltmacht, aber es ist Frankreich, das diese Macht erst in einen gottgleichen Zustand erhebt.

profil: Mit Russlands Politik scheint Europas Politik tatsächlich kaum Probleme zu haben. Auch zwischen Gerhard Schröder und Wladimir Putin hat sich eine Art Männerfreundschaft entwickelt.

Glucksmann: Wie kann ein Sozialdemokrat sagen, Putin denke und handle demokratisch – wo doch jeder weiß, wie der russische Präsident die öffentliche Meinung unterdrückt und die Medien kontrolliert? Putin versucht offensichtlich, die tschetschenische Bevölkerung auszulöschen, aber er unterdrückt auch die russische. Wie kann man akzeptieren, dass die Macht in Russland mehr und mehr von einer kleinen Gruppe von Putin-Getreuen ausgeübt wird? Wobei man festhalten muss, dass Russland immer noch eine Weltmacht darstellt, was Militär, Waffenarsenal oder Erdölvorkommen betrifft. Als Putin bei Schröders Geburtstag wie ein Zar aufgetreten ist, mit einer musizierenden Kosakentruppe, habe ich mich gefragt: In welcher Welt leben wir eigentlich? Was bedeutet denn diese Freundschaft? Ist Schröder blind? Oder ist er ein Kolonialist? Ich glaube, Letzteres ist der Fall. Es gibt da nämlich ein historisches Faktum. Der effizienteste Teil der zaristischen Administration im 19. Jahrhundert bestand aus den Deutschen und baltischen Baronen. Erleben wir also eine neue Form von illusionistischer Kolonialisation? Wenn deutsche Politiker nämlich glauben sollten, sie seien intelligenter als die Russen, so ist das eine gewaltige Fehleinschätzung, die der Situation zu Beginn des 20. Jahrhunderts ähnelt.

profil: Sie haben die „menschliche Bombe“, den Selbstmordattentäter, als das größte philosophische Problem unserer Epoche bezeichnet.

Glucksmann: Jeder Mensch erkennt heute an, dass der Atombombenabwurf auf Hiroshima keine einfache Kriegshandlung bedeutete, sondern einen Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte. Also ist das auch ein Problem der Philosophie. Ebenso widerspricht heute kaum jemand mehr der Feststellung, dass Auschwitz kein einfaches Gefangenenlager gewesen sei, sondern ein Markstein in der Geschichte menschlicher Barbarei. Das ist also auch eine philosophische Problemstellung. Sartre, der keineswegs einer religiösen Sekte angehörte, sprach vom „absoluten Bösen“. Er habe es kennen gelernt, durch die Realität der Konzentrationslager. Sartre benutzte mit dem „absoluten Bösen“ einen Begriff, den man aus der christlichen Religion kennt. Und er sagte weiter, dass nach Hiroshima die Menschheit folgende Wahl habe: Jeden Morgen sollten wir uns fragen, ob wir am Ende der Welt einfach teilnehmen wollen oder ob wir es abwehren können. Nach 1945 haben wir zwei Entdeckungen gemacht: dass es Menschen gibt, die dazu fähig sind, die Humanität zu vernichten – das ist Auschwitz –, und solche, die in der Lage sind, die Menschheit auszurotten – das ist Hiroshima.

profil: Heute stellt sich diese philosophische Problemstellung aber schon wieder anders.

Glucksmann: Ja, heute treffen beide Elemente aufeinander, Auschwitz und Hiroshima werden ineinander geblendet. Vor dem 11. September 2001 gab es neun Atommächte, kleinere und größere, die das schrittweise Ende der Menschheit auslösen konnten. Seit dem 11. September ist diese tödliche Kapazität in den Händen von, ja, sagen wir: jedermann. Wenn zwanzig Personen, die ein Kapital zur Verfügung haben, das dem Kaufpreis eines größeren Apartments in New York entspricht, nach einer Vorbereitungszeit von zwei Jahren fähig sind, zwei Türme in Manhattan einstürzen zu lassen, dann sind sie auch fähig, ein Atomkraftwerk anzugreifen und dabei einen Schaden anzurichten, der jenem von Hiroshima gleichen könnte. Und wenn so etwas 20 Leute hinkriegen, dann kann man sicher sein, dass es noch viele, viele andere gibt, die das ebenfalls bewerkstelligen können. Es gibt also viele mögliche Hiroshimas! Die Macht der atomaren Verwüstung ist nicht mehr begrenzt auf ein paar Atommächte. Nun zeigt der Angriff auf die Türme in Manhattan aber auch Folgendes: Man tötet beliebig viele Menschen, das ist der Wille des absoluten Tötens, wie wir ihn von Auschwitz her kennen.

Das hat nichts mit Ausschwitz zu tun. Die Systematik war eine ganz andere. Beides ist furchtbar, doch der Vergleich trägt einfach nichts zu einem tiefgreifenderen Verständnis bei.

Die Fähigkeit und der Wille zur Auslöschung sind das neue Problemfeld der Philosophie, weil sie bei gewissen Menschen eine gedankliche Einheit bilden. Diese Menschen sind keine Staaten, sie führen keine Kriege, sie verhandeln nicht, und es ist äußerst schwierig, sie zu kontrollieren. Es sind „lebende Bomben“, die nicht ausschließlich dem Lager der radikalen Islamisten angehören. Der Wille zur Auslöschung geht über diese Gruppe weit hinaus. Das ist absolut neu und bedarf einer philosophischen Bearbeitung, weil es gerade die Philosophie ist, die das mögliche Ende der Menschheit vor Augen hat.

Ist nicht das philosphische Problem der "lebenden Bomben" viel entschiedener die Verschmelzung von Selbtshass und Fremdhass als die hier für mich an den Haaren herbeigezogenen Verschmelzung von Ausschwitz und Hiroshima?

profil: Wie kann nun der Hass, den Sie beschreiben, im neutralen Österreich seine Wirkung zeigen?

Glucksmann: Mir ist die Neutralität Österreichs nicht völlig klar. Wie kann man einer mächtigen Gemeinschaft wie der Europäischen Union angehören, die sich alles andere als neutral verhält, und doch selbst Neutralität reklamieren? Verhält sich Österreich – etwa als Mitglied der Vereinten Nationen – „neutral“, wenn es um die Bekämpfung eines Genozids geht, der gerade auf dieser Welt verübt wird? Nein, wird man sagen. Aber erst unlängst gab es ja den Fall einer weltweiten „Neutralität“. Leider hat fast die ganze Weltgemeinschaft zum Genozid in Ruanda geschwiegen. Diese Art von Neutralität ist ein Verbrechen, ein Verbrechen der Gleichgültigkeit, ein Verbrechen der Willfährigkeit, ein Verbrechen der Komplizenschaft! Das Wort „Verbrechen der Gleichgültigkeit“ stammt von einem österreichischen Schriftsteller: Hermann Broch. Als er aus dem amerikanischen Exil 1945 nach Europa zurückkehrte, fragte man ihn, ob er jetzt alle Deutschen und alle Österreicher für Nazis halte. Broch verneinte heftig: Die Nazis und Faschisten seien eine Minderheit gewesen. Die Sünde Europas sei es vielmehr gewesen, die Nazis walten zu lassen, ohne rechtzeitig einzugreifen. Das ist Brochs „Verbrechen der Gleichgültigkeit“. Mir fällt hier das schöne Wort auf Deutsch ein: „wegschauen“.

Und wieder eine schöne Finte: Aus der Gleichgültigkeit wird Hass. Das ist das Unangenehme an all diesen neuen Büchern. Sie beginnen mit einer durchaus interessanten These und wenden Sie dann auf alles an, das Ihnen in den Weg kommt. Sozusagen die Globalisierung des Gedankens -- als wenn ein Gedanke erst dann gut ist, wenn er auf alles zutrifft. Blödsinn. Wie es dazu kommt? Weil man heutzutage alles mit einer schmissigen Headline versehen muss, und dann Gefahr läuft, aus Selbstverliebtheit von seiner eigenen Headline erschlagen zu werden. Dabei befindet sich Glucksmann in guter Gesellschaft - Sloterdijk, Burger, und wie sie alle heißen.

Mehr Marketiers Ihrer eigenen Gedankenwelt als Denker, die die Arbeit am Begriff ernst nehmen.


profil: Und aus der Gleichgültigkeit hat sich so etwas wie eine Globalisierung des Hasses ergeben?

Glucksmann: Die erste Form der Globalisierung begann mit dem Jahr 1914. Es ist die Globalisierung der Kriege, die den totalen Krieg, totalitäre Revolutionen und schließlich den Terrorismus nach sich gezogen haben. Der heutige Hass der international agierenden Terroristen zielt auf die Vernichtung von Menschen, egal, welcher sozialen oder kulturellen Zugehörigkeit. Die Globalisierung betrifft nicht in erster Linie die Wirtschaft oder die Politik, sondern die Handhabung von Waffen, von der Kalaschnikow bis zu nuklearen Bomben. Das ist der weltweite Hass, der sich als absoluter Wille zur Auslöschung manifestiert. Gegen diesen Hass müssen wir uns ab sofort zur Wehr setzen.


André Glucksmann: Hass. Die Rückkehr einer elementaren Gewalt. Aus dem Französischen von Bernd Wilczek und Ulla Varchmin. Nagel & Kimche, 286 S.,

Mittwoch, 16. November 2005

Das Wahre?


Das Wahre hat keine Fenster.

Walter Benjamin

Aufgeschnappt am Eingang Künstlerhaus, heute im Stau.

Das Wahre hat keine Fenster? Jedes Nachdenken beginnt mit dem Infragestellen. Wenn das Wahre keine Fenster hat, ist es verschlossen, opak - unzugänglich? Hat das Wahre Türen? Was will uns W.B. sagen? Das Wahre als erratischer Block. Unzumutbar. Ein Ärgernis. Keine Belüftung, Aktualisierung möglich. Was wären die Fenster im Wahren - die Kompromisse, die Perspektiven? Das Wahre hat keine Perspektive? Oder vereint es alle? Wie ein Gemälde von Piccasso? Oder doch die fensterlosen Monaden? Leibnitz? Wahrheit modert dahin, Wahrheit ist nie modern.

Wer hilft?

Wie einfach daneben doch das Adorno-Zitat:
Es gibt kein Wahres im Falschen.

Sonntag, 13. November 2005

Grafics1

DesignBlog (Blogroll) findet schöne WebSite. Schließe mich dem Kommentar an: optisch ansprechend und auch mit sehr feiner Navigation.
http://www.kpf.com/relaunch.htm

... dafür umso schlechtere Architektur!

Nebelreißen ..

Gestern noch draußen am warmen Fels - im T-Shirt hinaufgeturnt auf die Hohe Wand - immer knapp über der Nebelgrenze. Die Föhren am Grat gegenüber wie aus einem japanischen Scherenschnitt.

Heute unter der Nebeldecke ein Vogelhäuschen gebaut, mit feinen Regennadeln im Gesicht. Nebelreißen im Nirgendwo. Ein Sonntag, wie aus einem Smith-Song - silent and grey. Um 3 Uhr dunkelt es und wir zünden eine Kerze an. Warten auf den ersten Gimpel.


4308676

Oben und unten im November: aufgenommen von Heidi Zimmerli in der Schweiz, am 5.11.2005; 8:38 (größer)

Freitag, 11. November 2005

Sternkrabbelstube

snfeatclouds

Stellar nursery: Hundreds of new-born stars, never before seen, light the tips of ghostly pinnacles of gas and dust in an image taken by the Spitzer Space Telescope and released 9 November. Astronomers suspect that the young stars formed when radiation and wind from a massive parent star blasted clouds of gas and dust outward, leaving denser materials behind. Spitzer's infrared eyes were needed to penetrate all the surrounding dust and get a clear bead on the solar babies. (Photo: NASA/JPL-Caltech/Harvard-Smithsonian CfA/ESA/STScI)

http://sciencenow.sciencemag.org/

Integration durch Gewalt?

André Glucksmann, der französische Philosoph, vertritt diese These in einem aktuellen Interview in der Frankfurter Rundschau:. Interessant an diesem Zugang, dass damit die Gewalt - die bislang immer woanders war - nicht nur punktuell über terroristische Anschläge, sondern mit diesen Krawallen nun auch der Ausnahmezustand - wie er in Städten wie Bagdad seit Jahren gilt - als Alltagsphänomen in unsere Städte dringt. Globalisierungseffekte?

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Frage: Bedeutet das ein Ende der Integrationspolitik, ein Ende der laizistischen Moral, ein Ende des Prinzips der Gleichheit in der Schule und durch die Schule, nach dem Modell von Jules Ferry?

Ich glaube nicht, dass das das Ende der Integration ist. Im Gegenteil. Das sind jugendliche Franzosen. Gut, sie haben Eltern, die aus Schwarz- oder Nordafrika kommen, aber es sind junge Franzosen. Sie integrieren sich gerade dadurch, dass sie Autos anzünden, sogar dadurch, dass sie Menschen anzünden. Sie integrieren sich durch den Protest. Das ist ganz aktuell in Frankreich. Haben Sie gesehen, wie die korsische Fähre geentert wurde? Die Korsen führen Attentate durch, manchmal sind es die Bretonen oder die Basken. Es gibt eine typisch französische Integration durch die Negation. Alle, alle Parteien in Frankreich, die Unternehmer, die Arbeiter denken, dass man durch Gewalt etwas erreicht. Es gab Streiks, z.B. bei Moulinex, bei denen die Arbeiter damit drohten, die Fabrik in die Luft zu sprengen. Es gab Streiks in Chemiefabriken, bei denen damit gedroht wurde, Säure in die Flüsse der Region zu kippen. In Frankreich glauben viele, dass man Stärke beweist durch die Fähigkeit, einem andern Schaden zuzufügen. Ich glaube also ganz im Gegenteil, dass sich die Jugendlichen maghrebinischer Herkunft durch diese Art integrieren.

Frage: Das ist doch alles andere als Integration. Die Krawalle finden in sozialen Elendsvierteln statt, in denen 30 bis 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit herrschen. Die Schulen sind kaputt. Die Jugendlichen leben in Wohnghettos. Das sind Ghettos, die in den 60er 70er Jahren für die Rückkehrer aus den ehemaligen Kolonien eingerichtet worden sind, die für die Siedler und die Immigranten gebaut wurden. Die Explosion der Gewalt ist doch allemal sozial motiviert?

Nein. Das sind günstige Umstände, aber durch sie erklärt man nichts. Vor allem neigt man dazu, dadurch alles zu entschuldigen. Warum? Weil es Menschen gibt, die unter diesen ungünstigen Umständen leben, die nicht die Autos anzünden, die nicht die Menschen anzünden. Entweder erklärt man, dass die Mehrheit Unrecht hat. Oder man sagt: Die Mehrheit hat Recht, weil sie keine Autos anzündet. Aber man muss dann auch noch hinzufügen, dass die Mehrheit der Jugendlichen feige ist, wenn sie keine Autos anzünden. Das sagen zumindest diejenigen, die die Autos anzünden. Aber wenn das ein Soziologe sagt, scheint mir das zweifelhaft zu sein. Es ist etwas Besonderes an den Leuten, die Autos abfackeln und am Ende sogar Menschen zu töten bereit sind. Man muss das Besondere an ihnen analysieren - das Spezifische ist der Hass. Man muss die Besonderheit des Hasses erkennen und ihm seinen besonderen negativen Ruhm zuerkennen.

Donnerstag, 10. November 2005

Bergnamen

Hab heute das gefunden. Nicht uninteressant, obs richtig ist, wird geprüft: denn dass SINIWELER nicht OHNE TAL heißt sondern einfach nur RUND will mir nicht in den kopf und ist auch eigentlich ganz und gar unmöglich!

Sinabell [St 14]: mundartlich [sínawel(er)], wie Siniweler (auch Siniwähler) [St 15] das alte mittelhochdeutsche sin(e)wël, sinbël „rund“ enthaltend, nach ihrer Form so benannt.

Mittwoch, 9. November 2005

Die Revolution der Zwerge ...

Emmanuel Glenck von der Austrian Space Agency, brachte an einem Abend im Palais Eschenbach folgenden Vergleich: Nanotechnologie wird so gemacht, dass man eine Hand voll Nanopartikel auf einen Tisch leert, darüberbläst und danach schaut, wie sich das, was überbleibt, verhält.

Grund dafür ist, dass die Strukturen, die wir in größerem Maßstab wahrnehmen im Nano-Bereich absolut chaotische Verhältnisse darstellen, die man nicht mit Nanopinzette zurechtbiegen kann, sondern einfach so nimmt, wie sie sind. Man tut also eigentlich nichts anderes, als sich bestimmte Eigenschaften von chaotisch wirkenden Strukturen nutzbar zu machen. Die Frage, die brennend im Raum steht: wie kann man solche Struktureigenschaften reproduzierbar machen.

... und das nennt sich Wissenschaft. Kein Wunder, dass die bei solchen haarsträubenden Spielchen keine Zeit haben, über Ethik nachzudenken.

Und hier noch ein Nachtrag aus dem Web:
"Nanos" ist Altgriechisch für Zwerg. Die "Nanotechnologie" bezeichnet Forschungsaktivitäten mit Partikeln von bis zu 100 Nanometer (= ein Zehntausendstel Millimeter) Größe, wenn deren Einsatz die Eigenschaften von Materialien verändert. In dieser Größenordnung bewegt sich zum Beispiel das Erbmaterial im Inneren einer Zelle: Die Gene, die Grundbausteine des Lebens, sind zehn Nanometer groß und das Verhältnis von zehn Nanometer zu einem Meter ist so wie das der Erde zu einer Grapefruit. Diese kleinsten Partikel besitzen scheinbar magische Charakteristika: Die Gesetze der Physik scheinen wie aufgehoben. Im Unterschied zu einem Tennisball, der von der Mauer abprallt, wenn man ihn dagegen wirft, verhalten sich kleinsten Teilchen wie Gespenster: Sie gehen buchstäblich durch Wände.

Brainball

Fliegende Autos, nanotechnologisch hergestellte Tarnmäntel, gedankenlesende Technologien, gehirnstromgesteuerte Spiele --- das ist die Technologie von morgen, ehm von heute.

Ein Beispiel gefällig? Nehmen Sie Brainball, "a computer game in which being ferociously competitive is not on. Co-inventor Thomas Broome, of Sweden's Interactive Institute, says it's an anti-game."

brainball203

"The more relaxed you are, the more you can get unconnected to your state of winning and wanting that you actually win this game. Brainball measures your alpha waves and the person who is the most relaxed can push the ball to the other side and win."

Montag, 31. Oktober 2005

Zwischen 40 und 50

"Warum eigentlich die Menschen zwischen vierzig und fünfzig Jahren am unsympathischsten sind ... Sie sind am Höhepunkt ihrer Karriere und sind deshalb unausstehlich. Oder sie haben nie eine Karriere gemacht und sind deshalb unausstehlich."

Margit Schreiner: Das Buch der Enttäuschungen.

Frage: Muss ich mich sofort entscheiden ...?

Herbst 2

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Tage, die den Atem anhalten ... vor dem, was kommen wird. Man riecht ihn, den Schnee, man hört ihn den Schnee, aber man sieht ihn nicht. Stattdessen verschwendet ringsum Natur sich im herbstlichen Taumel. Geschenke, die niemand mehr erwartet hat. Tage, so still und so andächtig, als wollten sie gezählt werden. Einer, wie der andere. Die Berge leuchten. Das Licht gleißt in den Augen und verhöhnt meine billige Digitalkamera. Technik, die kapituliert vor soviel Naturschönheit.

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Immer höher hinauf. So eine Sehnsucht - mein Freund. Steine, die sprechen, Schatten, die flüchten, überall ...

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... bis dann der Schnee - endlich - beruhigend die Hand mir reicht. Ein Knirschen hinauf zum Gipfel. Meditierende Schritte. Bin ich schon dort? Im Himmel? Fast ohne Spur ...

Siniweler - Ohne Tal

Kein Ort zum Verweilen, nirgends. Wohin uns die Reise führt? Geradewegs lotrecht zu allem, was das Herz schneller schlagen lässt.

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