Hier noch ein Nachtrag zu meiner rethorischen Frage, "warum plötzlich alles so politisch ist?". Denn Sie und ich wissen, dass immer alles politisch war. Auch wenn Politik plötzlich nicht mehr hype ist, werden wir von ihr jeden Tag rechts und links überholt und bestimmt.
Und das Private? Solange wir privat sind, sind wir nicht. Wir publizieren uns selbst jeden Tag, in Facebook und Twitter und Blogs. Denn erst öffentlich kann man als Privater richtig gut leben.
Das wissen auch die Banken - aber sie sagen es nicht!
Und die Postämter? Die reden viel und wissen wie immer nichts.
Vielleicht sollten wir einmal darüber reden, was von öffentlichem Interesse ist bzw. was das ist: öffentliches Interesse. Robert Misik tut es - hier!
Sie kennen die Geschichte vom österreichischen Weinskandal 1985, der landläufig bekannten Glykol-Geschichte, die uns eines der dämlichsten und strengsten Weingesetze der Welt einbrachte? Dämlich, weil damit nicht das Lagen- oder Terroirdenken wie in anderen Ländern (Frankreich) gefördert wurde, sondern die Weinqualität an so verzichtbaren Größen wie dem Mostgewicht festgemacht wurde. Die Deutschen hatten das gleiche Problem mit den Öchsle-Graden in den 70er-Jahren und haben sich bis heute nicht davon erholt.
Der eigentliche Skandal ist jedoch, dass dieser Skandal nicht zu einer nachhaltigen Anhebung des Rotweinniveaus in Österreich führte (und ich spreche hier nur von den Rotweinen), sondern nur zu einer langfrisitigen Konzentration auf das Weinmarketing, das wiederum dazu beitrug, dass seit Jahren jede Kritik am österreichischen Wein geflissentlich unter den Teppich gekehrt wird.
Dass heute jeder Mittelklassewein in Österreich um die 90 (Parker-fine) Punkte bekommt, sagt nichts über den Zustand unserer Weine, sondern nur über den Zustand der Weinjournaillie dieses Landes, die ein Inzesthaufen sondergleichen und so perspektivenlos ins Glaserl schaut, dass es eine Schande ist. Denn de fakto sagt heute jeder, der sich ein bisschen mit Rotwein auskennt, dass 90% der hierzulande angebotenen Weine in punkto Preis-Leistung eine Katastrophe sind. Aber eben, wie in Österreich üblich, hinter vorgehaltener Hand.
Der Anlassfall: Ganslessen vor einer Woche und dazu der Wein 1012 von Feiler-Artinger, Jahrgang 2006, ein Cabernet Franc und Merlot, der in einem angesehenen Wiener Gasthaus zum gleichen Preis wie der "Solitaire" angeboten wird - der eigentlich eine österreichische Institution ist. Erstens: wie fast bei allen österreichischen Rotweinen, viel zu jung, zweitens: keinen Nase, drittens: keinen Körper, viertens zur Krönung: in modischem Schraubverschluss. Ein Skandal um diesen Preis. Ein Allerweltswein im schlechtesten Sinn des Wortes. Meinem Unmut wird vom Sommelier mit dem Hinweis begegnet, dass das zwar Feiler-Artinger ist, aber eben die neue Generation. Und die schmeckt in Österreich halt so.
Ich sage nicht, dass es keine Ausnahmen gibt. Aber die Wurzel allen Übels ist die Art und Weise, wie man sich in Österreich seit Jahren diesen Weinen nähert. Man hofiert Mittelklasse oder in diesem Falle Unterklasse mit gutem Namen oder gefälligem Etikett, dass es haarsträubend ist.
Wie man Weine sonst noch verkosten kann, zeigt Gary Vaynerchuk in seinem Wein-Video-Blog vorbildlich und das seit Jahren. Ein Beispiel sind der Decimo vom Kartauserhof 2005 und ein St. Laurent vom Johanneshof Reinisch 2004. Kenne sie nicht, aber vielleicht gehören auch diese beiden zu jenen Weinen, die unsere Ehre retten.
"Degas sagte eines Tages zu Mallarmé, er würde gern Gedichte schreiben, er habe sehr viele Ideen. Die Antwort war, dass man ein Gedicht nicht mit Ideen schreibt, sondern mit Wörtern."
... erzählt Michel Butor in der "Unendlichen Schrift".
Vielleicht geht es den Fotografen ähnlich. Ihr Alphabet besteht aus abgegriffenen Bildern. Und sie haben keine andere Wahl.
Im September 2007 gab es an dieser Stelle einen Blogeintrag über "BURMA - LIVING HELL". Wissen Sie, wie es den Mönchen in Burma heute geht? Oder wo Rangoon liegt? Ebendort wurde laut jotman.com letzten Dienstag der Blogger Nay Phone Latt (Bild links) in einem Internet-Cafe
aufgegriffen, in das laut Futurezone berüchtigte Insein-Gefängnis gesperrt und mittlerweile zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.
Damals vor einem Jahr hoffte man, dass die internationale Empörung etwas bewirken könne. Aber es ist wie überall - in China, in Burma oder anderswo: Das Grausame ist nicht der Straßenkampf, das Grausame ist der Alltag, nachdem sich der Blick der Welt wieder abgewandt hat - auf der Suche nach einem neuen Reiz.
Hier noch der Aufruf der Reporter ohne Grenzen: "There is an urgent need now for bloggers all over the world to demonstrate their solidarity with Nay Phone Latt by posing his photo on their blogs and by writing to Burmese embassies worldwide to request his release. Similarly, we call on poets to defend their fellow-poet, Saw Wai, who has been jailed just because of one poem."
Besuchen Sie auch die Seite der Burma Campaign. Dort können Sie auch Ihre Stimme erheben und eine Petition für die Freilassung der politischen Häftlinge in Burma unterzeichnen: "There are over 2,100 political prisoners in Burma. They have been imprisoned just for peacefully calling for democracy and freedom in Burma. Once in prison, democracy activists face horrific torture, including electric shocks, rape, iron rods rubbed on their shins until the flesh rubs off, severe beatings and solitary confinement. Many prisoners are kept in their cells 24 hours a day, given inadequate food and are in poor health. However, the regime appears to be systematically denying medical treatment to political prisoners."
Damals vor einem Jahr kam die Musik zum Burma-Beitrag von einem der großen Traurigen, der 1948 in Rangoon geboren wurde: Nick Drake. Und weil der Song von damals auf Youtube nicht mehr verfügbar ist, spielen wir heute "Place to be". Und er steht noch immer vor der gleichen Ziegelwand.
When I was young, younger than before
I never saw the truth hanging from the door
And now I'm older see it face to face
And now I'm older gotta get up clean the place.
And I was green, greener than a hill
Where flowers grew and the sun shone still
Now I'm darker than the deepest sea
Just hand me down, give me a place to be.
And I was strong, strong in the sun
I thought I'd see when day is done
Now I'm weaker than the palest blue
Oh, so weak in this need for you.
Als der Tiroler Hansjörg Auer am 29. April 2007 den "Weg durch den Fisch" (800m, 7b+/IX-) in der Marmolada Südwand free solo (allein und ohne Seil) nach nur einmaligem Erkunden (von oben und am Tag zuvor) beging, ging ein Raunen durch die Kletterwelt. Ein knapp 23-jähriger setzt einen alpingeschichtlichen Meilenstein in punkto mentaler und körperlicher Ausdauer, der nur wenige Vergleiche zulässt. Sehenswert das Video-Statement, in dem er hier - ein Jahr danach - über seine Solobegehung spricht - klar, bescheiden, nachdenklich und nachdenklich machend.
Fragen Sie mich. Und ich sage Ihnen eines: ich war und bin es immer. Im Innern brodelt es stets, weil (fast) alles von gesellschaftlicher Relevanz ist. Man muss nur den Deckel heben. Provozieren Sie mich nicht!
Klaus Stimeder schreibt im Datum einen schönen Nachsatz auf Haider: "In der Art, in der er das politische Geschäft betrieb, fanden sich viele Österreicher wieder: Jederzeit bereit, seine Prinzipien aufzugeben, wenn er sich davon einen persönlichen Vorteil versprach; opportunistisch im Auftreten nach außen, reaktionär im Kern; stets bereit, auch die niedersten Instinkte anzusprechen, wenn sich dadurch die Zustimmung mehren ließ; und das alles angetrieben von einem auf mangelnder Selbstsicherheit beruhenden gerüttelt Maß an Egozentrik, die er wie kein anderer heimischer Politiker durch ein Übermaß an Leutseligkeit und teils grenzwertigem Populismus zu kompensieren wusste."
Selbst wo Kultur drauf steht, ist Politik drin: Alter Ego Almblitz berichtet, dass die dt. Nationalbibliothek von nun an das ganze Internet - das verrottete - kopiert haben will. Von wem? Von den Content-Betreibern selbst? Sind die denn vollkommen durchgeknallt? Mitnichten. Sie spiegeln das komatöse gesellschaftliche Bewusstsein wider. Das sind wir! Wir leben in einer Zeit, in der so ein Gesetzesvorschlag durchgeht und in Kraft tritt - ohne Widerstand.
Und die Banken? Die nehmen seit heute Staatsgelder in Anspruch und "verabschieden sich damit endgültig vom Verantwortungsprinzip", wie Nikolaus Kimla in seinem Newsletter zurecht schreibt. Während ihre Hedge-Fond-Manager an den zuvor künstlich in die Höhe getriebenen Getreidpreisen plötzlich das Interesse verlieren (sie sacken um mehr als 50% nach unten) und damit ein paar Hundertausend Menschen (oder sind es Millionen) in den Dritte-Welt-Ländern am Leben lassen? Schöne Geste, nicht? Sie fragen, warum ich politisch bin?
Und die Medien? Obama steht kurz vor dem Wahlsieg und die kolportierten Attentatsversuche häufen sich. Wir kennen die Art, ein solches herbeizureden.
Und die Börse? Die wird von der ATAC gestürmt und alle Händler klatschen.
"Wer sagt eigentlich, dass Schreiben ungefährlich ist?" fragt Möchtegern-Polarisierer Michael Fleischhacker in der unsäglichen Ego-Testimonial-Kampagne der Presse. Die einzig richtige Replik findet der Altmeister des kritischen Journalismus Armin Thurnher dazu im Falter: "Wer sagt eigentlich, dass letzte Sätze nicht zurückschlagen können?"
Man beachte: Links die putzige und wenig glaubhafte Presse-Originalversion im H&M-Stil, die eigentlich nur um das Ego des selbstverliebten Chefredakteurs kreist, und rechts das auf den Punkt gebrachte Plagiat mit Haut und Haaren und Scharfsinn und ohne Pardon!
Wie uns eine vertrauenswürdige Informantin mitteilte, war letztes Wochenende der Loser-Klettersteig im Ausseerland vorübergehend gesperrt - und zwar - laut offizieller Begründung - aufgrund des Schneefalls der letzten Tage.
So weit sind wir also gekommen: Da baut ein ebenso engagierter wie blauäugiger Tourismusverband trotz Widerstand von Seiten des Naturschutzes und der heimischen Kletterszene einen stupiden Eisenweg (Namens "Sisi"!!) durch die Südwand des Loser und macht damit die Senkrechte zur Drahtpiste einer neuen und zahlungskräftigen Klientel UND: schafft dann als Betreiber (und Untervermieter (die Pacht geht an die Bundesforste)) kurzerhand und konsquenterweise auch gleich die Eigenverantwortung in den zu Bergimmobilien degradierten Bergen ab.
Wir gratulieren zu dieser bahnbrechenden Entwicklung! Möge der "Loserlochkogelvogel"* kommen und alle Klettersteig-Wuzis (mitsamt den Betreibern) dorthin zurücktragen, woher sie gekommen sind: in den Eybl-Katalog.
* Name einer benachbarten Südwand-Route, die man aufgrund des Klettersteiggewimmels kaum mehr genießen kann bzw. nur dann, wenn das Verbotsschild ausgefahren ist.
Ihren ersten Wal bestieg sie am Lago d`Orta. Die ungewohnte Felsenhaut war bald vertraut und das Tier hielt still, bis sie wieder unten war. Wir alle hielten die Luft an, während langsam der Nebel vom Tal heraufkroch und uns umhüllte, wie die vorige Nacht. Bis wir merkten, dass wir alleine waren. Und da dachte ich an Paul Nizon und wie es wäre, wenn mich dieser "riesige Fisch verschlänge und mit sich in die Tiefen führte und alles nur noch Gleiten, Staunen und Dämmern wäre. Streifen und Schweifen und nie mehr Tag und nie Nacht und kein Denken." (gefunden in: Im Bauch des Wals)
Während er wieder mal unterwegs war, stellte er seinen Freunden eine Karte zur Verfügung, die alle Länder rot markierte, die er bislang bereist hatte. Es waren gerade mal 10% zu dieser Zeit und es gab noch so viel zu tun. Plötzlich gab es kein Zögern mehr und auch kein Halten. Er ließ einfach los und es fiel leicht - vielleicht.
... zeigt exemplarisch dieses Video, das dem neuen DOSAGE V entnommen ist. Meine Lieblingsszene darin ist die nach exakt 28 Sekunden: Aufgepasst, Beutelratten!
Das ist übrigens ein Batch-Beitrag und wenn alles gut geht, sollte ich eigentlich auch gerade am Bouldern sein - im Märchenwald von Massongex oder sonstwo auf dem Weg nach Ceusse!
Müssen wir Angst vor schwarzen Löchern haben? "The scientists say: NO" - but who the hell are these scientists and when we will start to learn the lessons from history?
Wem bei diesem Video nicht mulmig wird, der hat verlernt, die andere Seite zu sehen. Die sich außerhalb dessen befindet, was als naturwissenschaftliches Erbe jedem von uns fatalerweise in die Schultüte gelegt wird. Ken Robinson zeigt in seiner begnadeten TED-Rede, wie diese andere Seite einer Innovationskultur aussehen könnte.
Während also vollkommen abgehobene, und nicht eigentlich zurechnungsfähige Naturwissenschaftler Milliarden EURO in die Hand nehmen, um unter der Schweiz eine 27 Kilometer lange Protonenrennstrecke zu bauen, sperren wir unsere Kinder in "uringelb gemörtelte Tobsuchtswürfel" (Hermann Burger!! Hab ihn selig ...) , die wir Schulen nennen, und lernen Sie die Kunst abzuschreiben, aufzusagen, still zu sitzen und exakt diese Art Menschentypus anzubeten, die ihre Körper nur dazu verwenden, um ihre Köpfe von einem Fach-Meeting ins andere zu tragen.
Dass sich dieses Video nicht einbetten lässt und mit einem 30-sek-Commercial beginnt, zeigt, wie weit es noch ist, zu einem User-zentrierten Internet. Aufwachen MSN!
"The National" heißt die Band, die hier Godards klassische Variation über die Geschlechterverhältnisse - mit dem wunderbaren Jean-Pierre Léaud in der männlichen Hauptrolle - als Sprugbrett nimmt. Schöner Song, schöne Stimme (der Mann heißt Matt Berninger und wurde mir von Robert Basic empfohlen), schöner Text - die letzten Zeilen sind für dich!